Freitag, 4. August 2017

Geburtsbericht (1)

Ich habe diesen Geburtsbericht in erster Linie für mich selbst geschrieben, weil ich gemerkt habe, dass ich immer mehr Details vergesse und das irgendwie aufhalten wollte. Deshalb ist er gespickt mit medizinischen Details, für die sich außer mir wahrscheinlich niemand interessiert und die ich teilweise aus den Unterlagen entnommen habe, die ich von der Klinik angefordert habe (ich kann das übrigens nur empfehlen). Der Bericht ist außerdem ein Versuch, besser mit den Geschehnissen umgehen zu können. Ich leide noch immer sehr unter dem Verlauf der Geburt, der Bericht hat aber ein bisschen den Nebel gelüftet und ich kann besser einordnen, was genau eigentlich abgelaufen ist.Wenn irgendetwas unklar ist: fragt gerne nach.

Dass die Geburt meines Kindes nicht unbedingt planmäßig verlaufen würde, zeichnet sich bereits am 14. September ab (34+3). Ich habe einen Vorsorgetermin bei meiner Gynäkologin und sie stellt eine auf 21mm verkürzte Portio fest. Und da ich schon seit Tagen ein bisschen vor mich hin wehe, meint sie, dass zwar akut keine Geburt anstünde, der Kleine aber "ganz sicher keine sechs Wochen mehr da drin" bleibt. Sie wünsche mir noch drei Wochen, würde aber "so kurz" vor der Geburt (6 Wochen!) keine Maßnahmen zur Verzögerung mehr einleiten. Ich solle weiterhin Magnesium nehmen und die Beine hochlegen. Ich bin kurz schockiert, fange mich aber ziemlich schnell wieder. Ändern kann ich es eh nicht.

Zwei Wochen später, am 29. September (36+4), bin ich erneut in der Praxis. Im CTG zeigen sich wieder unregelmäßige Wehen, mein Muttermund ist auf 1 cm geschrumpft, 2-3 cm geöffnet und die Ärztin kann mit einem Finger das Köpfchen fühlen. Nun wird auch der B-Streptokokken-Abstrich gemacht. Meine Ärztin ist besorgt. Am nächsten Tag sei die Praxis geschlossen und am Montag Feiertag (3. Oktober). Es könne sein, dass das Testergebnis nicht mehr rechtzeitig ankommt. Aber falls ich Dienstag noch schwanger sein sollte, könne ich ja anrufen und das Ergebnis erfragen. Ich soll Zuhause in die Wanne gehen und gucken, ob die Wehen stärker (dann wären es Geburtswehen) oder schwächer (dann wären es Vorwehen) werden. Auf dem Heimweg hole ich mir ein halbes Hähnchen und während ich es esse, fühlt es sich an wie eine Henkersmahlzeit. Anschließend steige ich unter Protest in die Badewanne (ich hasse baden) und bleibe exakt die empfohlenen 20 Minuten liegen. Resultat: die Wehen sind genau so wie vorher. Na toll. 
Am nächsten Tag kommen Freunde aus Norddeutschland zum Wochenendbesuch. Ich habe immer wieder Wehen und verbringe die meiste Zeit damit, mit einer App die Abstände zu messen. Am Samstag habe ich so gut wie keine Wehen mehr, schicke den Gatten aber in die Apotheke, um mir pH-Teststreifen zu kaufen, weil ich besser vorbereitet sein will.
Am Sonntag bin ich immer noch schwanger und unsere Freunde reisen ab. Der Gatte und ich machen einen Gipsabdruck von meinem Bauch, weil der erste Versuch nichts geworden ist und die Ärztin ja quasi zur Eile bei solchen Sachen geraten hat.
Anschließend telefoniere ich mit meiner Mutter, ein übliches sonntägliches Ritual. Als ich danach auf die Toilette gehe, ist mein Schlüpfer feucht. Ziemlich sogar. Zunächst denke ich an schwangerschaftsbedingte Inkontinenz, entscheide mich aber doch für einen Geruchstest und kann keinen Uringruch feststellen. Ich schneide einen Schlitz in eine Slipeinlage und friemele einen pH-Teststreifen hinein, damit ich für eventuelle weitere Flüssigkeitsverluste gewappnet bin. 

Schon stehen meine Schwiegereltern vor der Tür, die uns vor der Geburt noch einmal besuchen möchten. Ich renne alle halbe Stunde aufs Klo und verbrauche viele Teststreifen für unzählige Basteleien, bis ich irgendwann endlich sicher bin: der Streifen ist blau. Das ist kein Urin. Das ist Fruchtwasser. Meine Schwiegereltern sind derweil immer noch da. Ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen und bin unendlich dankbar, als sie endlich gehen. Ich berichte dem Gatten von meinen Untersuchungsergebnissen und wir beschließen, einfach mal im Kreißsaal anzurufen und zu fragen, was ich nun tun soll. In meiner Wunschklinik teilt man mir mit, dass man mich aktuell nicht aufnehmen könne, da gerade eine große OP stattfindet und deshalb kein Arzt im Kreißsaal ist. Im Laufe des Abends (es ist mittlerweile 20 Uhr) sollte es aber passen, ich könne in einer halben Stunde noch einmal anrufen. Da ich kaum Wehen habe, sehe ich erstmal kein Problem. Ich lege mir eine Einmalunterlage aufs Sofa und warte. Eine halbe Stunde später läuft die OP immer noch. Eine Stunde später immer noch. Noch eine Stunde später immer noch.
Irgendwann ist es Mitternacht, der Gatte ist auf dem Sofa eingeschlafen, im Fernsehen läuft nur Müll und ich nutze die Zeit, um meine Kliniktasche umzupacken (eigentlich packe ich nur immer mehr ein und brauche dann eine größere Tasche). Um halb zwei ruft der Kreißsaal an und ich darf mich endlich auf den Weg machen.

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