Mittwoch, 9. August 2017

Geburtsbericht (6)

Freitag, 7. Oktober (37+4)
Die Nacht ist die Hölle. Ich schlafe kaum, habe immer noch unregelmäßig Wehen und muss ständig aufs Klo. Das Dolantin macht mich ganz wirr im Kopf und ich muss meine Hand in einer ganz bestimmten Position halten, weil die neue Grünüle schlecht sitzt und sonst nichts läuft. Immerhin schläft der Gatte einigermaßen. Um 6 Uhr kommt die Nachthebamme mit meiner neuen Ampicillininfusion und erneut Buscopan. Ich teile ihr mit, dass sich meine Entscheidung nicht geändert hat. Ich will eine Sectio, am Besten sofort. Sie verspricht mir, das so weiterzugeben und verabschiedet sich in den Urlaub.
Nach der Übergabe kommt die Hebamme der Frühschicht und macht mir trotzdem ein Angebot: Oxytocin intravenös, ein Wehentropf. Vorher würde man mir eine PDA legen, sodass ich von den ausgelösten Wehen vorerst nichts spüren würde. Wenn das nach ein paar Stunden keinen Effekt zeigt, könne man immer noch eine Sectio machen.
Ich bespreche mich mit dem Gatten und wir entscheiden uns dafür. Das klingt tatsächlich nicht dramatisch und ein paar Stunden kann ich sicher noch auf mein Baby warten. Trotz der schrecklichen Erfahrung am Vorabend und der fürchterlichen Nacht verspüre ich sowas wie Zuversicht. Die Hebamme notiert “Frau N. wünscht Versuch vag. Geburt mit PDA und ODT”. Der Gatte fährt zum Duschen nach Hause und ich gehe in mein Zimmer, um mich umzuziehen und zu waschen. Außerdem darf ich eine Kleinigkeit frühstücken. Ich mache mich wieder auf den Weg in meinen Kreißsaal, das CTG zeigt wieder leichte bis kräftige Wehen alle 5-7 Minuten. 
Um halb 10 kommt das Anästhesie-Team für meine PDA. Auch weil ich selbst mal in der Anästhesie gearbeitet habe, liebe ich AnästhesistInnen über alles. Die haben es einfach drauf. Das Team besteht aus einem Facharzt, einer Assistenzärztin und einem Pfleger, der von allen nur mit dem Vornamen angeredet wird und offenbar eine krankenhausweit bekannte Koriphäe in Sachen Anästhesiepflege ist. Ich mache klar, dass ich mich ein bisschen auskenne und mir wird jeder Schritt genau erklärt. Tatsächlich bin ich etwas nervös, weil man ja die dollsten Stories hört, wenn es um das Legen einer PDA geht. Mir schlagen aber weder meine Beine um die Ohren, noch tut es besonders weh. Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, dass das niemand so gut kann wie sie, bitte ich das Team am Ende um einen neuen Zugang. Um 10.15 Uhr bekomme ich einen Bolus Naropin, lege mich auf das Kreißbett und mein Katheter wird an den Perfusor angeschlossen. Zum Abschied sage ich "Vielleicht bis später!" und sie wünschen mir, dass es nicht so weit kommt. Um halb 11 wird die Infusion mit dem Oxytocin an meine neue Grünüle angeschlossen. 

Das CTG läuft ab jetzt durchgehend und zeigt nach einer kurzen Aufwärmphase schöne Wehen alle 2-3 Minuten, von denen ich absolut nichts merke.
Ich döse ein bisschen und schlafe auch kurz ein. Mittlerweile ist es Mittag, der Gatte kommt vom Duschen zurück und ich esse eine Kleinigkeit. Um halb zwei kommt eine Hebamme und untersucht mich. Der Muttermund ist nun 4-5 cm geöffnet, was allerdings nicht für Euphorie sorgt, sondern eher für ein vorsichtiges "Wir gucken in zwei Stunden nochmal.". Die Infusion mit dem Oxytocin wird dafür schneller gestellt und ich drehe mich von der linken auf die rechte Seite.
Als die Hebamme mir einen Einmalkatheter legt, kratze ich mich am Bauch und brauche erst einen Hinweis, um mich wieder zu erinnern, dass das Jucken von PDA kommt und ich das lieber lassen sollte. Mir geht es derweil ziemlich prima. Ich liege bequem und bin leicht benebelt vom Dolantin der Nacht und dem Naropin aus meiner Wirbelsäule, das langsam von meinem Körper verstoffwechselt wird. Um 14.15 Uhr habe ich kräftige Wehen alle 1-2 Minuten und mir wird eine neue Hebamme der Spätschicht zugeteilt, damit nicht mitten in der Geburt ein Schichtwechsel stattfindet. So langsam wirkt nun auch der Naropinbolus nicht mehr und die Schmerzen werden bei jeder Wehe stärker. 
Bei der nächsten Untersuchung bin ich im Gefühlschaos: einerseits habe ich wahnsinnige Angst vor einer Sectio, andererseits bin ich nach fünf Tagen Hoffen psychisch am Ende. Das Gesicht der Hebamme verrät es mir, bevor sie es sagt: "5 cm. Maximal." Sie meint zwar, dass man noch einen Tag warten und morgen wieder das Gel versuchen könnte aber auch, dass sie davon abrät. Es ist mit 2,5 Wochen vor Termin einfach noch zu früh für das Baby, außerdem ist möglicherweise der Kopf zu groß, um richtig ins Becken eintreten zu können. Ich bin erleichtert, dass die Entscheidung nun endgültig gefallen ist. Selbst wenn es jetzt einen Geburtsfortschritt gegeben hätte, wäre das keine Garantie für eine vaginale Geburt gewesen. Der OP ist aktuell belegt, mir wird aber der nächste freie Saal versprochen. Es ist 16.30 Uhr.


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